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Hinweis: Der Beitrag kann aufgrund neuerer Rechtsprechung oder Gesetztesänderung nicht mehr dem aktuellen Rechtsstand entsprechen.
6 Minuten Lesezeit (1184 Worte)

Aufwärtsabfärbung und trotzdem keine Gewerbesteuer

Zur Mitunternehmerstellung einer GbR; Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte: Keine Geringfügigkeitsgrenze, keine Gewerbesteuerpflicht der aufwärts abgefärbten Obergesellschaft

Der BFH hatte sich Urteil vom 05. September 2023 (IV R 24/20) zur Mitunternehmerstellung einer GbR und zur möglichen Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte geäußert.

In der Urteilsbegründung stellte der Senat klar, dass wenn eine GbR nach der bis 2001 geltenden Rechtsprechung zivilrechtlich nicht Kommanditistin einer KG sein konnte und auch nicht als solche in das Handelsregister eingetragen werden konnte, dies der Annahme ihrer Mitunternehmerstellung nicht zwingend entgegen steht.

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze, bis zu deren Erreichen die gewerblichen Beteiligungseinkünfte nicht auf die übrigen Einkünfte abfärben, verfassungsgemäß (Bestätigung des Urteils des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 06.06.2019 - IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649).

§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt (Bestätigung des BFH-Urteils vom 06.06.2019 - IV R 30/16).

BFH sagt:

Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder ‑‑in Ausnahmefällen‑‑ eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat, Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfaltet sowie die Absicht zur Gewinnerzielung hat.

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt (Alternative 1) oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht (Alternative 2). Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG positiv oder negativ sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 EStG).

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG ist in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze, bis zu deren Erreichen die gewerblichen (Beteiligungs-)Einkünfte nicht auf die übrigen Einkünfte der Gesellschaft abfärben, verfassungsgemäß.  

Zwar liegt in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht eine Ungleichbehandlung der Personengesellschaft und ihrer Gesellschafter gegenüber einer Einzelperson vor. Denn die Einzelperson kann gleichzeitig mehrere Einkunftsarten verwirklichen. Für Gesellschafter einer Personengesellschaft, die sich über die Gesellschaft an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligen, gilt die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft als Gewerbebetrieb.

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG 1985 wurde mit dem Jahressteuergesetz 2007 durch die Anfügung eines weiteren Halbsatzes ("oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht") ergänzt. 

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG 2007 wurde angefügt, nachdem der BFH mit Urteil vom 06.10.2004 (IX R 53/01) entgegen der bis dahin geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden hatte, dass eine Umqualifizierung der gesamten Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft in gewerbliche Einkünfte allein aufgrund gewerblicher Beteiligungseinkünfte mangels originärer gewerblicher Tätigkeit ausscheide. 

Nach der Begründung der Regierungsvorlage sollte mit der Gesetzesänderung "die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung wiederhergestellt und gesetzlich abgesichert werden". Dabei habe (bereits) § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. verhindern sollen, dass bei einer Personengesellschaft neben gewerblichen Einkünften solche weiterer Einkunftsarten entstehen. Dieses Ziel werde verfehlt, wenn die Obergesellschaft neben ihren gewerblichen Einkünften als Mitunternehmerin noch Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart erziele.

In den nachfolgenden Urteilen vom 13.11.1997 (IV R 67/96) und vom 18.04.2000 (VIII R 68/98) hat der BFH seine Rechtsprechung bestätigt. 

Die dortigen Aussagen zur Abfärbewirkung durch das Halten einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen (Innen-)Personengesellschaft konnten nur in dem Sinne verstanden werden, dass auch gewerbliche Beteiligungseinkünfte einer vermögensverwaltenden Obergesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG 1985 zu einer Umqualifizierung ihrer übrigen Einkünfte in gewerbliche Einkünfte führen. 

Dass diese Aussagen zur Abfärbewirkung nicht tragend waren, hat zwar Einfluss auf die Bindungswirkung der Erwägungen des BFH für den seinerzeit entschiedenen Streitfall, nicht aber auf deren Aussagegehalt zu der Frage, welche Auffassung die Rechtsprechung seinerzeit zur Aufwärtsabfärbung von Beteiligungseinkünften bei vermögensverwaltenden Gesellschaften vertreten hat. 

Dementsprechend hat auch der IX. Senat in seinem Urteil vom 06.10.2004 (IX R 53/01) ausdrücklich festgestellt, dass seine Entscheidung, nach der eine Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ausgeschlossen ist, eine Abweichung von den genannten Urteilen darstelle.

Dies ergibt sich auch aus dem im ersten Rechtsgang ergangenen Urteil des IX. Senats vom 27.06.1995 (IX R 11/93, IX R 12/93) in dem dieser unter Bezug auf das Urteil des IV. Senats vom 08.12.1994 (IV R 7/92) ausgeführt hat, dass gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG 1985 die Beteiligung einer nicht gewerblich tätigen Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft grundsätzlich dazu führe, dass die Einkünfte der Obergesellschaft insgesamt als gewerbliche Einkünfte einzuordnen seien.

Aber: Ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG gilt hingegen nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb. Danach gilt auch die Klägerin ‑‑bezogen auf die Streitjahre 2003 bis 2005‑‑ nicht als Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG. 

Infolge der Umqualifizierung der Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb unterfiele deren insgesamt erzielter Gewinn nach Maßgabe der Bestimmungen über die Ermittlung des Gewerbeertrags (§§ 7 ff. GewStG) der Gewerbesteuer. So würden auch die an sich nicht gewerblichen Einkünfte mit Gewerbesteuer belastet, woraus sich eine Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern ergäbe.

Die durch eine gewerbesteuerrechtliche Aufwärtsabfärbung verursachte Ungleichbehandlung wäre sachlich nicht gerechtfertigt und daher verfassungswidrig. Der Zweck der Sicherung des Gewerbesteueraufkommens kann nicht als Rechtfertigung dienen, da die Einkünfte aus der gewerblichen Untergesellschaft nach dem System des Gewerbesteuergesetzes bereits auf der Ebene der Untergesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen. Sie werden zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit Gewerbesteuer aus dem Gewerbeertrag der Obergesellschaft nach § 9 Nr. 2 GewStG gekürzt.

Ohne eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG käme es folglich dazu, dass ausschließlich dem Grunde nach nicht gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer unterworfen würden.

Soweit die Finanzverwaltung aus der zulässigen pauschalen Erfassung der Einkünfte als gewerblich im Bereich der Kapitalgesellschaften folgert, dass auch die gewerbesteuerrechtliche Aufwärtsabfärbung zulässig sein müsse, kann der Senat dem nicht folgen. 

Insoweit überzeugt auch der Verweis auf die Annäherung der Besteuerung der Personengesellschaften an die Besteuerung der Kapitalgesellschaften nicht. 

Denn trotz jener Annäherung unterscheidet das Gesetz zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften. Die Kapitalgesellschaft ist Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG) und § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fingiert für Gewerbesteuerzwecke die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft als Gewerbebetrieb, soweit die Gesellschaft tätig ist.

Demgegenüber fehlt eine entsprechende gewerbesteuerliche Fiktion für Personengesellschaften. Stattdessen begnügt sich das Gewerbesteuergesetz mit der Anknüpfung an das gewerbliche Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Auch die in § 1a KStG mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen (§ 34 Abs. 1a KStG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.06.2021, BGBl I 2021, 2050), eingeführte Optionsmöglichkeit führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies folgt bereits aus der Tatsache, dass die Regelung für den vorliegenden Streitzeitraum keine Relevanz haben kann. Im Übrigen setzt sie die unterschiedliche Besteuerung von Personenhandels-/Partnerschaftsgesellschaften und Kapitalgesellschaften gerade voraus. 

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