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Hinweis: Der Beitrag kann aufgrund neuerer Rechtsprechung oder Gesetztesänderung nicht mehr dem aktuellen Rechtsstand entsprechen.
4 Minuten Lesezeit (747 Worte)

Verkauf eines Nießbrauchs - kein § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG

Das Finanzgericht Münster hatte sich mit Urteil vom 12.12.2023 (6 K 2489/22 E) zur Steuerbarkeit des Verkauf eines Nießbrauchsrechts gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG geäußert.

In der Urteilsbegründung stellte der Senat das, dass der Kaufpreis für die Aufhebung eines Nießbrauchs nicht als Verkauf im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusehen sei und daher nicht steuerbar ist. Der BFH hat stets die enge Auslegung des § 23 EStG gegen eine ausweitende Interpretation verteidigt, die dem Fiskus zugutekommen würde.

Nun äußerte sich das Finanzgericht Münster zu dieser Thematik. 

Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2 EStG) sind gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auf zehn Jahre. Als Anschaffung gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe (§ 23 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen. § 23 EStG stellt eine Ausnahme dar, indem es die grundsätzliche Nichtberücksichtigung von Wertveränderungen des Privatvermögens im Rahmen des Dualismus der Einkunftsarten durchbricht.

Andere Wirtschaftsgüter i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Wirtschaftsgüter jedweder Art im Privatvermögen, die nicht unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fallen, d.h. nicht Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte oder in die Veräußerungsgewinnbesteuerung einzubeziehende Gebäude und Außenanlagen sind.

In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass der Begriff des Wirtschaftsguts weit zu fassen ist und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen ist.

Wirtschaftsgüter sind mithin nicht nur Sachen und Rechte im zivilrechtlichen Sinne, sondern vielmehr auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten und damit sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich ein Kaufmann etwas kosten lässt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und jedenfalls mit dem Betrieb übertragen werden können; darunter fallen, wie die Regelungen der § 248 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und § 5 Abs. 2 EStG erkennen lassen, grundsätzlich auch – nicht körperliche – immaterielle Wirtschaftsgüter.

Unentgeltlich eingeräumte --schuldrechtliche und dingliche-- Nutzungsrechte an Grundstücken werden als einlagefähige Wirtschaftsgüter angesehen, falls der Inhaber des Nutzungsrechts eine rechtlich gesicherte Position erlangt hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann.

Unter Beachtung dieser Grundsätze stellt auch das Nießbrauchrecht ein Wirtschaftsgut i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar.

Nießbrauch ist die Belastung einer Sache (§ 1030 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) bzw. eines Rechts (§ 1060 BGB) in der Weise, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Legaldefinition in § 1030 Abs. 1 BGB). Es handelt sich um ein gegenüber dem Eigentum an der belasteten Sache verselbständigtes, dingliches Nutzungsrecht, welches dem Inhaber gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann.

Entsprechend sind Nießbrauchrechte an Grundstücken nach der Rechtsprechung des BFH Wirtschaftsgüter. Sie entstehen durch die Bestellung mit Beginn der Nießbrauchberechtigung im privaten Vermögensbereich.

Der Verzicht auf das Wirtschaftsgut „Nießbrauchrecht" stellt keine Veräußerung, sondern einen veräußerungsähnlichen Vorgang dar.

Es fehlt an dem für die Veräußerung erforderlichen Rechtsträgerwechsel. Wie dargelegt, ist das Nießbrauchrecht als Wirtschaftsgut zu qualifizieren. Dieses Wirtschaftsgut ist allerdings gem. § 1059 BGB kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht übertragbar. Analog § 1059 Satz 1 BGB ist nach h.M. auch der schuldrechtliche Anspruch auf Bestellung eines Nießbrauchs nicht übertragbar, weil damit im Ergebnis dasselbe erreicht werden könnte wie mit der Übertragung des Nießbrauchs.

Der nicht übertragbare Nießbrauch erlischt vielmehr, wenn nichts anderes vereinbart ist, gemäß § 1061 S. 1 BGB mit dem Tod des Nießbrauchers. Der Nießbrauch an Grundstücken wird gemäß § 875 Abs. 1 BGB durch einseitige Aufgabeerklärung des Berechtigten und Löschung aufgehoben.

Ist auf den Nießbrauch verzichtet worden, wird damit nicht das Wirtschaftsgut Nießbrauch an den Eigentümer des Grundstücks (zurück) übertragen, ein Rechtsträgerwechsel findet nicht statt. Der Nießbrauch erlischt vielmehr. In Folge des Erlöschens fallen die dem Nießbraucher zustehenden Nutzungs- und Fruchtziehungsrechte dem Eigentümer des Grundstücks wieder zu. Insofern handelt es sich bei dem entgeltlichen Verzicht auf den Nießbrauch um einen Vorgang, bei dem ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird und damit um einen veräußerungsähnlichen Vorgang.

Solche veräußerungsähnlichen Vorgänge werden von § 23 EStG nicht erfasst.

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Freitag, 03. Mai 2024

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