BFH IX. Senat
EStG § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 , EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 , EStG VZ 2012 , EStG VZ 2013
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 06. April 2017, Az: 2 K 196/16
Leitsätze
1. Die anteilige Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes, das teilweise vermietet und teilweise veräußert werden soll, ist nach denjenigen Kriterien zu beurteilen, die die Rechtsprechung zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelt hat.
2. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den Herstellungskosten eines künftig der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung dienenden Gebäudeteils liegt in diesen Fällen nur vor, wenn die Herstellungskosten des später vermieteten Gebäudeteils sowie diejenigen des später veräußerten Gebäudeteils getrennt ermittelt und entsprechend ausgewiesen werden und der Steuerpflichtige sodann mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich jene Aufwendungen begleicht, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 06.04.2017 - 2 K 196/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, in welchem Umfang die Kläger und Revisionskläger (Kläger) Schuldzinsen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus der Vermietung von zwei Wohnungen geltend machen können.
Die Kläger werden als Ehegatten im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 03.11.2009 erwarben sie das Grundstück Flurstück-Nr. 000 in A. Die Aufwendungen der Kläger für Grund und Boden betrugen 88.307,98 €, welche über ein unter dem 22.12.2009 bei der Bank X (Luxemburg) aufgenommenes Darlehen Nr. 1 über 135.090 CHF (Gegenwert bei Auszahlung = 90.000 €) finanziert wurden; als Verwendungszweck war hierzu aufgeführt: "Anteilige Finanzierung Neubau ...(in)... A, - fremdgenutzt - Wohneigentum, eingetragen im Grundbuch von A Blatt Nr. 1 + Blatt Nr. 2 + Blatt Nr. 3." Das Darlehen Nr. 1 wurde nach dem Streitzeitraum durch ein am 16.11.2014 bei der Bank Y aufgenommenes Darlehen Nr. 2 über 112.000 € abgelöst.
In der Zeit vom 20.09.2010 bis 01.06.2011 errichteten die Kläger auf dem Grundstück ein Gebäude mit drei Wohnungen. Die Herstellungskosten für das Gebäude beliefen sich auf 424.828,12 €, die Kosten für die Außenanlagen auf 7.006,47 €.
Mit Vertrag vom 24.11.2010 teilten die Kläger das Wohngrundstück gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes wie folgt auf:
Untergeschoss (Wohnung Nr. 1): 245/1 000 Miteigentumsanteil
Erdgeschoss (Wohnung Nr. 2 mit Garage): 381/1 000 Miteigentumsanteil
Dachgeschoss (Wohnung Nr. 3 mit Garage): 374/1 000 Miteigentumsanteil
Der Teilung lag eine Abgeschlossenheitsbescheinigung der Stadt B vom 12.08.2010 zugrunde. Für die Wohnungen wurden im Grundbuch von A eigene Grundbuchblätter (Wohnung Nr. 1: Blatt 1; Wohnung Nr. 2 mit Garage: Blatt 2; Wohnung Nr. 3 mit Garage: Blatt 3) angelegt.
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 24.11.2010 veräußerten die Kläger die Eigentumswohnung Nr. 3 mit Garage an ihre Tochter (T) zum Kaufpreis von 150.000 €. Der vereinbarte Kaufpreis wurde von T in drei Raten bezahlt. Die Kläger verpflichteten sich, die Eigentumswohnung bis spätestens 31.08.2011 bezugsfertig und entsprechend der Teilungserklärung samt Bauplänen, entsprechend der erteilten Baugenehmigung und entsprechend den anerkannten Regeln der Baukunst fertigzustellen. Der Übergang von Besitz und Genuss, Lasten und Abgaben sollte auf den dem Zeitpunkt der Bezugsfertigstellung folgenden Monatsersten erfolgen.
Zur Finanzierung des Bauvorhabens nahmen die Kläger unter dem 30.09.2010 bei der Bank Y ein Darlehen Nr. 3 über 160.000 € auf; als Verwendungszweck war hierzu aufgeführt: "Anteilige Finanzierung Neubau ...(in)... A, - fremdgenutzt - Wohneigentum, eingetragen im Grundbuch von A Blatt Nr. 1 + Blatt Nr. 2 + Blatt Nr. 3."
Die Kläger beglichen sämtliche Baurechnungen über das Baukonto Nr. xxx bei der Bank Y. Eine Aufteilung der Herstellungskosten bzw. eine Zurechnung auf die später im Eigentum der Kläger verbliebenen Eigentumswohnungen und die an die T veräußerte Eigentumswohnung nahmen die Kläger nicht vor; vielmehr beglichen sie die Baurechnungen jeweils in einem Betrag. Auf das Baukonto Nr. xxx flossen ausweislich der im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten vollständigen Kontounterlagen sowohl die Darlehensmittel aus dem Kredit bei der Bank Y über 160.000 € als auch Eigenmittel sowie die Kaufpreisraten der T. Im Gegenzug wurden sämtliche Handwerkerrechnungen sowie der Kapitaldienst der Darlehen über das Baukonto bezahlt; private Zahlungen wurden nicht vom Baukonto geleistet. Die Fertigstellung des Objekts erfolgte zum 01.06.2011.
In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre (2012 und 2013) rechneten die Kläger die aufgenommenen Darlehen insgesamt den beiden vermieteten Wohnungen Nrn. 1 und 2 zu und behandelten dementsprechend die hierfür entrichteten Zinsen in voller Höhe als sofort abziehbare Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) teilte die Zinsaufwendungen auf die vorhandenen Wohnungen entsprechend den jeweiligen Miteigentumsanteilen auf und berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden für 2012 vom 25.07.2014 und für 2013 vom 10.07.2015, zuletzt geändert unter dem 03.08.2015, nur die auf die beiden vermieteten Wohnungen entfallenden Zinsaufwendungen in Höhe von 3.628 € (2012) und 2.700 € (2013) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Kläger hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2018, 1409 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Das FG entschied, dass die von den Klägern geltend gemachten Darlehenszinsen nur anteilig --soweit sie auf die beiden vermieteten Wohnungen Nrn. 1 und 2 entfielen-- als Werbungskosten abziehbar seien. Denn der Werbungskostenabzug setze voraus, dass der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten im Rahmen seiner Finanzierungsentscheidung dem ein eigenständiges Wirtschaftsgut bildenden Gebäudeteil gesondert zuordne und die so zugeordneten Anschaffungskosten mit Geldbeträgen aus den dafür aufgenommenen Darlehen bezahle. Erfolge, wie im Streitfall, eine einheitliche Abrechnung und Bezahlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten für das gesamte (und mithin die veräußerte Wohnung Nr. 3 umfassende) Objekt, sei davon auszugehen, dass auch die Darlehensmittel nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile verwendet worden seien.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Revision. Sie vertreten die Auffassung, die Kürzung der von den Klägern gezahlten Schuldzinsen um den auf die an die T veräußerte Wohnung entfallenden Miteigentumsanteil (374/1 000) sei rechtsfehlerhaft. Denn einerseits hätten die Kläger (nur) die aufgenommenen Fremdmittel (sowie weitere Eigenfinanzierungsmittel) für die Erstellung der ihnen verbliebenen und später vermieteten Wohnungen Nrn. 1 und 2 verwendet, während in die Herstellung der veräußerten Wohnung Nr. 3 (nur) der von der T gezahlte Kaufpreis geflossen sei. Aber auch jenseits einer solchen getrennten Betrachtung sei zu beachten, dass die Kläger den Erlös aus der --nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbar-- veräußerten Wohnung Nr. 3 vollständig reinvestiert hätten; nach Maßgabe der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Surrogationsbetrachtung seien daher die Schuldzinsen in voller Höhe abziehbar. Demgegenüber sei die Rechtsprechung zur anteiligen Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen entsprechend dem Nutzungsverhältnis bei teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Wohngebäuden auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, da eine Selbstnutzung durch die Kläger im Streitfall gar nicht vorliege.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 21.12.2015 aufzuheben und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2012 vom 25.07.2014 und 2013 vom 03.08.2015 dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer 2012 auf 5.198 € und die Einkommensteuer 2013 auf 3.846 € herabgesetzt wird.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Das FA vertritt die Auffassung, dass das FG zutreffend von einer nur anteiligen Abziehbarkeit der von den Klägern in den Streitjahren geleisteten Schuldzinsen ausgegangen sei. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Schuldzinsen bei teilweise zur Erzielung von Einkünften und teilweise selbstgenutzten Gebäudeteilen sei entsprechend anzuwenden, wenn eine Wohnung während der Bauphase veräußert würde und die Berücksichtigung dieses steuerlichen Veräußerungsgeschäfts nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG "steuerlich irrelevant" sei. Die Surrogationsbetrachtung sei im Streitfall nicht anzuwenden, da die maßgeblichen Schuldzinsen schon dem Grunde nach nicht auf ein Darlehen geleistet worden seien, das zur Finanzierung einer vollumfänglich der Vermietung dienenden Immobilie aufgenommen und tatsächlich verwendet worden sei. Für eine Zuordnungsentscheidung reiche es nicht aus, wenn die Höhe des Darlehens und die Höhe der Herstellungskosten des zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes identisch seien, wenn diese nicht nach anteiligen Herstellungskosten getrennt beglichen worden seien. Der durch den Verkauf an die T erzielte Veräußerungserlös sei der privaten Vermögensebene und mithin den Eigenmitteln der Kläger zuzuordnen; aufgrund der Vermischung von Fremd- und Eigenmitteln auf dem Baukonto könnten die in den Streitjahren geleisteten Schuldzinsen mithin nur anteilig zum Werbungskostenabzug zugelassen werden.
Kommentare