BFH I. Senat
KStG § 8 Abs 3 S 2 , BGB § 158 Abs 2 , BGB § 397 Abs 1 , UmwStG § 11 , UmwStG § 12 , KStG § 8 Abs 3 S 2
vorgehend FG Hamburg, 29. Juni 2016, Az: 6 K 236/13
Leitsätze
1. Wird eine vermögenslose und inaktive Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter ihr gegenüber auf Darlehensforderungen mit Besserungsschein verzichtet hatten, auf eine finanziell gut ausgestattete Schwesterkapitalgesellschaft mit der weiteren Folge des Eintritts des Besserungsfalls und dem "Wiederaufleben" der Forderungen verschmolzen, so kann die beim übernehmenden Rechtsträger ausgelöste Passivierungspflicht durch eine außerbilanzielle Hinzurechnung wegen einer vGA zu korrigieren sein.
2. Weder umwandlungssteuerrechtliche Sonderregelungen noch der ursprünglich betriebliche Charakter der Darlehensverbindlichkeiten bei der übertragenden Körperschaft stehen der Annahme einer vGA entgegen.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 29. Juni 2016 6 K 236/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, befasste sich mit ... . In den Streitjahren 1995 und 1996 waren am Stammkapital der Klägerin sechs natürliche Personen beteiligt. Diese waren zugleich Gesellschafter der G GmbH.
Mit Vertrag vom ... 1996 erwarb die Klägerin sämtliche Anteile an der G GmbH zum Nennwert der Stammeinlage. Die Gewinnbezugsrechte gingen mit Wirkung vom 1. Januar 1996 auf die Klägerin über.
Mit Vertrag vom selben Tag wurde sodann die G GmbH als übertragende Rechtsträgerin mit der Klägerin als übernehmender Rechtsträgerin verschmolzen. Die Verschmelzung erfolgte auf der Grundlage der Bilanz der G GmbH vom 31. Dezember 1995, die im Rahmen der Verschmelzung als Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft gelten sollte. Verschmelzungsstichtag war der 31. Dezember 1995, 24 Uhr. Die Verschmelzung wurde am ... 1996 in das Handelsregister der Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin eingetragen.
Die G GmbH war in den Jahren vor der Verschmelzung nur noch mit der Verwaltung und Umschichtung eigenen Wertpapiervermögens befasst. Am ... 1995 wurde der gesamte Wertpapierbestand der G GmbH auf Basis der Steuerkurswerte vom 31. Dezember 1995 in Höhe von ... DM auf die Schwestergesellschaft ... GmbH (A GmbH) entgeltlich übertragen und der Geschäftsbetrieb der G GmbH eingestellt. Diese hatte danach nur noch eine Angestellte, die vorwiegend für andere Gesellschaften des Konzerns tätig war.
Bereits in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1994 hatte die G GmbH bei einem gezeichneten Kapital von ... DM einen Verlustvortrag von ... DM und einen Jahresfehlbetrag von ... DM und damit einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von ... DM ausgewiesen.
Die Bilanz per 31. Dezember 1995 wies einen Jahresüberschuss von ... DM aus; das Eigenkapital belief sich hiernach auf ... DM. Dem Jahresüberschuss lag ein außerordentlicher Ertrag von ... DM zu Grunde, der aus dem Verzicht der beiden mit 25 % beteiligten Gesellschafter B und L auf Gesellschafterdarlehen herrührte, die ursprünglich zur Finanzierung der geschäftlichen Aktivitäten der G GmbH gewährt worden waren. Die Verzichtserklärungen vom Mai 1995 lauteten wie folgt:
"Wir verzichten mit unseren kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen gegen die" G GmbH "bis zum Betrag einer bilanzmäßig ausgewiesenen Überschuldung dieser Firma. Eine Rückzahlung unserer Forderungen soll erst in den Jahren erfolgen, in denen Gewinne entstehen, aus denen die Rückzahlungen erfolgen können. Eine Rückzahlung soll auch im Fall von Liquidationserlösen erfolgen. Durch diese Vereinbarung wird die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung evtl. Zinsen (derzeit 8 %) und deren Fälligkeit nicht berührt."
Nach der Verschmelzung der G GmbH auf die Klägerin sah die finanziell gut ausgestattete Klägerin die Besserungsbedingung aus den Verzichtserklärungen als gegeben an und verbuchte in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung für das Streitjahr 1996 außerordentliche Aufwendungen in Höhe von ... DM, zu denen sie erläuternd ausführte, dass es sich um Aufwendungen aus der Passivierung von Besserungsscheinverpflichtungen der ehemaligen G GmbH gegenüber ihren Gesellschaftern handele. Die Darlehen wurden zunächst nicht getilgt. Der handelsrechtliche Bilanzgewinn der Klägerin betrug im Jahr 1996, vor Berücksichtigung der Besserungsscheinverpflichtungen ... DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ging in Höhe der passivierten Besserungsscheinverpflichtungen von einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) aus.
Die Klage blieb ohne Erfolg (Finanzgericht --FG-- Hamburg vom 29. Juni 2016 6 K 236/13, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2016, 1721).
Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es nicht die Bescheide über den Solidaritätszuschlag und über die Gewerbesteuer betrifft, und
a) den Bescheid für 1996 über Körperschaftsteuer vom 13. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. September 2013 dergestalt zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um ... DM gemindert wird und die Körperschaftsteuer mit ... DM festgesetzt wird;
b) den Bescheid für 1996 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 13. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. September 2013 dergestalt zu ändern, dass der Gewerbeertrag um ... DM gemindert wird und der Gewerbesteuermessbetrag mit ... DM festgesetzt wird;
c) den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1996 vom 13. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. September 2013 dergestalt zu ändern, dass bei der Ermittlung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes eine Minderung des Gewerbeertrags in Höhe von ... DM berücksichtigt wird und der vortragsfähige Gewerbeverlust in entsprechender Höhe festgestellt wird;
d) hilfsweise, den Bescheid für 1995 über Körperschaftsteuer vom 13. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. September 2013 dergestalt zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um ... DM gemindert wird und die Körperschaftsteuer mit ... DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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