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Hinweis: Der Beitrag kann aufgrund neuerer Rechtsprechung oder Gesetztesänderung nicht mehr dem aktuellen Rechtsstand entsprechen.
3 Minuten Lesezeit (660 Worte)

Zivilprozesskosten nach Kindesentführung

Das Finanzgericht Düsseldorf hat sich mit Urteil vom 13.03.2018 (13 K 3024/17 E) zur Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten nach einer Kindesentführung als außergewöhnliche Belastung geäußert.

Der Kläger war Vater einer am 23.01.2012 geborenen Tochter. Seit dem 21.06.2012 leben er und seine frühere Ehefrau, die Mutter seiner Tochter, dauernd getrennt. Im Jahr 2014 (Streitjahr) erzielte er einen Bruttoarbeitslohn i.H. von 56.586 Euro. In seiner Einkommensteuererklärung gab er u.a. Aufwendungen i.H. von 21.461 Euro als außergewöhnliche Belastung an. Dabei handelte es sich um Krankheitskosten, Aufwendungen für Fahrten zu Ärzten sowie Prozesskosten.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 28.04.2017 lediglich die Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung und erläuterte, die Prozesskosten könnten gemäß § 33 Abs. 2 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht berücksichtigt werden, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, inwieweit die Existenzgrundlage gefährdet gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und führte u.a. aus, es handele sich um Prozesskosten, die im Rahmen von Verfahren zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) entstanden seien.

Er führe diese Verfahren seit Mitte 2012, nachdem seine frühere Ehefrau die gemeinsame Tochter nach einer Urlaubsreise nicht nach Deutschland zurückgebracht, sondern in Südamerika behalten habe. Da er sehr an seiner Tochter hänge und den Kindesentzug nicht habe akzeptieren können, habe er den Rechtsweg beschreiten müssen.

Dies sei unausweichlich gewesen, um seine Tochter nach Deutschland zurückholen zu können. Die Zivilprozesskosten seien weder mutwillig noch leichtfertig entstanden und hätten auch hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten, da die Widerrechtlichkeit des Kindesentzugs vom Gericht festgestellt worden sei.

Die Prozesskosten bezifferte der Kläger im Einspruchsverfahren auf 20.648,73 Euro, die sich nach seinen unwidersprochenen Angaben aus Rechtsanwaltskosten (9.218,95 Euro), Gerichtskosten (333,61 Euro), Übersetzungskosten (178,50 Euro) sowie prozessbedingten Reisekosten (10.917,67 Euro) zusammensetzten.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrheit der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG).

Nach § 33 Abs. 2 EStG erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, was auch das FA nicht in Zweifel zieht. Bei den Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit der Entführung des Kindes durch die Mutter ins Ausland handelt es sich um größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrheit der Steuerpflichtigen entstehen. Sie erwuchsen dem Kläger auch zwangsläufig, da er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte, um seine Tochter wieder zurück nach Deutschland holen zu können.

Zwar fehlt es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess an der Zwangsläufigkeit des die Zahlungspflicht der Prozesskosten auslösenden Ereignisses. Der BFH hat jedoch Ausnahmen von der mangelnden Zwangsläufigkeit erkannt, etwa wenn der Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich berührt und der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Eine weitere Ausnahme – neben Aufwendungen für eine Ehescheidung und bestimmte Scheidungsfolgesachen (z.B. BFH-Urteil vom 21.02.1992 III R 88/90, BStBl II 1992, 795, m.w.N.) – hielt der BFH für gerechtfertigt, wenn die Streitigkeit einen Kernbereich menschlichen Lebens berührt, wie es beim Umgangsrecht der Eltern mit ihren Kindern der Fall ist.

Die Verweigerung des Umgangs mit den eigenen Kindern könne – so der BFH – zu einer tatsächlichen Zwangslage führen, die die Anrufung eines Gerichts unabweisbar mache (BFH-Urteil vom 04.12.2001 III R 31/00, BStBl II 2002, 382, unter II.3.).

Um einen solchen Fall, in dem der Kernbereich menschlichen Lebens berührt ist, handelt es sich vorliegend bei dem Rechtsstreit, den der Kläger nach der Entführung seiner Tochter durch die Kindesmutter in Südamerika wegen seines Umgangsrechts und der Rückführung der Tochter nach Deutschland führte.

cpm - Steuerberater Claas-Peter Müller, Hamburg
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