BFH IX. Senat
RennwLottG § 17 Abs 1 , RennwLottG § 17 Abs 2 , RennwLottG § 11 , RennwLottG § 2 , RennwLottG § 12 , RennwLottG § 16 , RennwLottG § 10 , RennwLottGABest § 6 , AO § 52 Abs 2 S 1 Nr 21 , GlüStVtr BE 2012 § 27 , GG Art 100 Abs 1 , GlüStVtr BE 2012 § 9a , GG Art 20 Abs 3 , GlSpielG HE 2012 § 16 Abs 5 , EGRL 112/2006 Art 401 , GlüStVtr BE § 4
vorgehend Hessisches Finanzgericht , 30. Januar 2019, Az: 5 K 1627/15
Leitsätze
1. Die Festsetzung von Sportwettensteuer auf Pferderennwetten eines ausländischen Veranstalters nach § 17 Abs. 2 RennwLottG ist weder verfassungs- noch europarechtswidrig.
2. Der ausländische Veranstalter von Sportwetten unterfällt nicht der Buchmachersteuer des § 11 RennwLottG.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 30.01.2019 - 5 K 1627/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung zur Zahlung von Sportwettensteuer und die Vereinbarkeit der Besteuerung von Pferdewetten nach § 17 Abs. 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) mit Verfassungs- und Europarecht.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine ausländische Kapitalgesellschaft. Sie bot im Streitzeitraum Juli 2012 als Buchmacherin Pferde- und Hundewetten im Internet an. Die Klägerin nahm für Pferdewetten auch Kunden aus der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) an. Der Klägerin wurde am 22.06.2015 für Deutschland eine Buchmachererlaubnis und am 26.08.2015 eine Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Pferdewetten im Internet erteilt.
Die Klägerin meldete unter dem 10.10.2012 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) Sportwettensteuer für den Monat Juli 2012 mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von ... € und einer Steuer in Höhe von ... € an.
Gegen diese Anmeldung legte die Klägerin Einspruch ein. Sie rügte die fehlende Bestimmtheit und Klarheit des Gesetzes und ordnete die Sportwettensteuer als verfassungsrechtlich unzulässig ein. Während des Einspruchsverfahrens reichte sie am 30.01.2013 eine korrigierte Anmeldung mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von ... € und einer Steuer in Höhe von ... € ein. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 03.08.2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Die von der Klägerin nachfolgend erhobene Klage wies das Hessische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 30.01.2019 - 5 K 1627/15 als unbegründet ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundes- und Europarecht: Die Erhebung der Sportwettensteuer verstoße gegen den verfassungsrechtlichen und den europarechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Die Abgrenzung zwischen den Steuertatbeständen des § 11 RennwLottG und des § 17 RennwLottG sei nicht klar geregelt. Es sei für den Leser des Gesetzes nicht erkennbar, dass Pferdewetten ab 01.07.2012 unter die Regelung des § 17 RennwLottG fielen. Die von ihr veranstalteten Pferdewetten fielen nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RennwLottG, sondern unter den Tatbestand der Buchmachersteuer nach § 11 RennwLottG. Ausländische Buchmacher seien in die Besteuerung nach § 11 RennwLottG einbezogen. Dies entspreche dem Wortlaut, dem historischen Verständnis und der jahrzehntelangen Auslegung des § 11 RennwLottG. Die Pferdewette sei einem Spiel in der Form einer Lotterie ähnlicher als einer Wette. Es gebe keinen Willen des Gesetzgebers, Pferdewetten ausländischer Veranstalter nach § 17 Abs. 2 RennwLottG zu erfassen. Dies zeige § 16 Abs. 2 RennwLottG, wonach die Buchmachersteuer auch Wetten aus Anlass von Pferderennen im Ausland erfasse. Eine Differenzierung, ob es sich um inländische oder ausländische Buchmacher handele, sei nicht vorgesehen. Die Einschätzung des FG, nur inländische Buchmacher fielen unter § 2 RennwLottG und damit unter § 11 RennwLottG, sei daher unzutreffend. Auch ausländische Buchmacher könnten eine Konzession für das Inland erhalten und damit nach § 11 RennwLottG besteuert werden. Dies sei ab 2012 in § 27 des Glückspielstaatsvertrags vom 15.12.2011(GlüStV) geregelt worden und habe schon davor der Rechtslage entsprochen. Ein anderes Ergebnis verstoße wegen der unterschiedlichen Behandlung in- und ausländischer Buchmacher gegen Unionsrecht. Eine Konzession als Buchmacher habe sie schließlich am 06.06.2014 erhalten. Sie hätte diese Erlaubnis ab Inkrafttreten des GlüStV beantragen und bereits früher erhalten können. Es sei nicht erklärbar, warum die Buchmachersteuer nur inländische Buchmacher und die Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG nur ausländische Buchmacher erfassen solle. Zudem zeige die Vorschrift des § 12 RennwLottG, dass es für die Besteuerung nach § 11 RennwLottG unerheblich sei, ob eine Zulassung als Buchmacher bestehe oder nicht. So würden illegale Buchmacher ("Winkelbuchmacher") von § 11 RennwLottG erfasst. Für die Erteilung einer Buchmachererlaubnis sei nicht erforderlich, eine "Örtlichkeit" für die Entgegennahme von Wetten im Inland unterhalten zu müssen. Das Erfordernis, eine solche Annahmestelle zu unterhalten, sei europarechtswidrig. Vor diesem Hintergrund sei § 2 RennwLottG europarechtskonform auszulegen. Der Wortlaut des § 17 Abs. 2 RennwLottG betreffe daher allein ausländische Veranstalter von Sportwetten. Zu Veranstaltern von ausländischen Rennwetten werde nichts gesagt. Aus den Gesetzesmaterialien des RennwLottG ergebe sich nichts für die Auffassung des FG. Im Gesetz und in der Gesetzesbegründung werde lediglich gesagt, dass Rennwetten der Sportwettensteuer unterliegen, wenn sie nicht der Rennwettsteuer unterfallen. Wann und unter welchen Voraussetzungen Pferdewetten der Sportwettensteuer und nicht der Rennwett- oder Buchmachersteuer nach dem I. Abschnitt des Gesetzes unterfallen, werde nicht bestimmt. Der Gesetzgeber sei zudem davon ausgegangen, dass das Steueraufkommen aus inländischen Pferdewetten ausländischer Buchmacher in das System der Zuweisung nach § 16 RennwLottG eingehe. Denn nur die Buchmachersteuer, nicht aber die Sportwettensteuer, sei Teil der Zuweisung an die Rennvereine. Daher sei die von ihr abgegebene Anmeldung rechtswidrig oder ggf. sogar nichtig. Sie schulde mithin keine Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 RennwLottG, sondern Buchmachersteuer nach § 11 RennwLottG. Es handele sich um verschiedene Steuerarten. Diese legten unterschiedliche Bemessungsgrundlagen zugrunde. Bemessungsgrundlage nach § 11 RennwLottG sei der "Wetteinsatz". Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 RennwLottG sei der "Nennwert der Wettscheine". Bei letzterem seien nach § 17 der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottGABest) Gebühren hinzuzurechnen. Der Gesetzgeber habe schließlich mit § 17 Abs. 2 RennwLottG i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) eine Regelung mit gemeinschaftsrechtlicher Wirkung getroffen. Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) verpflichte die Mitgliedstaaten, die in dem aufgeführten Katalog genannten Umsätze zu befreien. Dazu gehörten auch die "Wetten, Lotterien und sonstigen Glückspiele". Die Befreiung regele § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG. Die Regelungen des RennwLottG seien aufgrund des Verweises in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG Teil der Befreiung und damit Teil der Umsetzung der Richtlinie.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen FG vom 30.01.2019 - 5 K 1627/15, die Einspruchsentscheidung vom 03.08.2015 und die Festsetzung der Sportwettensteuer für den Monat Juli 2012 in Höhe von ... € vom 30.01.2013 aufzuheben.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Es liege kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vor. Der Gegenstand der Besteuerung von Rennwetten nach Abschnitt I des RennwLottG sei eindeutig. § 11 RennwLottG erfasse nur Buchmacher, die Örtlichkeiten im Inland unterhielten. Nur der Abschluss von Rennwetten im Inland löse die Steuer nach § 11 RennwLottG aus. Nach den allgemein anerkannten Regelungen des Territorialprinzips sei eine Besteuerung ohne jede Inlandsanknüpfung völkerrechtlich unzulässig. Wortlaut, Gesetzessystematik, Gesetzesentwicklung und die Gesetzesbegründung bestätigen dieses Ergebnis. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RennwLottG habe in der seit 01.07.2012 geltenden Fassung gerade darauf abgezielt, ausländische Buchmacher ohne Sitz oder Geschäftsleitung oder sonstige feste Einrichtung im Inland mit über das Internet angebotenen Sportwetten zu besteuern. Auf die Frage, ob die Klägerin eine Genehmigung für ihre Buchmachertätigkeit habe, komme es nicht an. Es stehe nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 25 Abs. 3 RennwLottG ermöglicht habe, die Buchmachersteuer nach § 11 RennwLottG auf internetbasierte Wettangebote ausländischer Wettveranstalter ohne feste Einrichtung im Inland auszudehnen.
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