BFH I. Senat
UmwStG 2006 § 21 Abs 1 S 2 , UmwStG 2006 § 22 Abs 2 , AO § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 , AO § 173 Abs 1 Nr 1 , EStG VZ 2007 , UmwG § 190
vorgehend Hessisches Finanzgericht , 10. Juli 2018, Az: 2 K 406/16
Leitsätze
1. Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006 gilt zwar die Veräußerung der im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs erhaltenen Anteile als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Rückwirkungsfiktion). Die Korrektur eines bereits bestandskräftig gewordenen Steuerbescheids zur Erfassung eines durch die Veräußerung ausgelösten Einbringungsgewinns II gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO setzt aber des Weiteren voraus, dass der Veräußerungstatbestand nach Erlass des zu ändernden Bescheids verwirklicht worden ist.
2. Wird die übernehmende Kapitalgesellschaft innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, führt dies zu einer Veräußerung des eingebrachten Anteils i.S. des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 10.07.2018 - 2 K 406/16 aufgehoben.
Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die einem qualifizierten Anteilstausch nachfolgende formwechselnde Umwandlung der übernehmenden Gesellschaft einen Einbringungsgewinn II auslöst.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war Alleingesellschafterin der C GmbH, D Alleingesellschafter einer spanischen Kapitalgesellschaft (B SLU). Die genannten Personen kamen überein, ihre jeweiligen Beteiligungen in einer gemeinsamen Holdinggesellschaft zusammenzuführen. Zu diesem Zweck brachten sie ihre Geschäftsanteile gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zum ...09.2007 in die B GmbH ein (qualifizierter Anteilstausch). Steuerlich setzte diese die eingebrachten Geschäftsanteile gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr (2007) geltenden Fassung (UmwStG 2006) mit einem Wert an, der unterhalb des gemeinen Werts lag.
Zum ...08.2008 wurde die B GmbH gemäß § 190 des Umwandlungsgesetzes in die B OHG formwechselnd umgewandelt. Die Eintragung des Formwechsels im Handelsregister erfolgte am ...09.2008. Steuerlich wurde der Formwechsel gemäß § 9 i.V.m. §§ 3 ff. UmwStG 2006 zu Buchwerten vollzogen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erblickte im Formwechsel eine innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist vollzogene Veräußerung i.S. des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006, änderte deshalb den gegenüber der Klägerin für das Jahr 2007 ergangenen Einkommensteuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) und erfasste auf diese Weise einen Einbringungsgewinn II. Den Einspruch gegen den Bescheid wies das FA ebenso zurück wie den von der Klägerin gestellten Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen.
Die Klage blieb erfolglos. Das Hessische Finanzgericht (FG) beanstandete weder die geänderte Steuerfestsetzung noch die Entscheidung des FA zur beantragten Billigkeitsmaßnahme (Urteil vom 10.07.2018 - 2 K 406/16, Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 941).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung sachlichen Rechts.
Sie beantragt,
unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und der Einspruchsentscheidung vom 03.02.2016 den Bescheid für 2007 über Einkommensteuer vom 18.07.2014 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer für 2007 ohne Ansatz eines Einbringungsgewinns II festgesetzt wird;
hilfsweise unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und der Einspruchsentscheidung vom 03.02.2016 das FA zu verpflichten, die Einkommensteuer für 2007 aus Billigkeitsgründen ohne Berücksichtigung eines Einbringungsgewinns II festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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