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Hinweis: Der Beitrag kann aufgrund neuerer Rechtsprechung oder Gesetztesänderung nicht mehr dem aktuellen Rechtsstand entsprechen.
5 Minuten Lesezeit (971 Worte)

Auskunftspflicht und Geheimhaltung

Der BFH hat entschieden, dass das Auskunftsersuchen der Steuerfahndung an Internetplattformen nicht wegen privatrechtlicher Vereinbarungen zur Geheimhaltung von entsprechenden Daten abgelehnt werden kann (BFH, 16.05.2013, II R 15/12).

Im Urteil heißt er hierzu: "...  Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO haben auch andere Personen als die Beteiligten eines Steuerverwaltungsverfahrens der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Bei der Einholung von Auskünften anderer Personen als der Beteiligten am Besteuerungsverfahren handelt es sich nach § 92 Satz 2 Nr. 1 AO um ein Beweismittel, dessen sich die Finanzbehörde gemäß § 92 Satz 1 AO bedienen kann, soweit sie es nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Die Einholung der Auskünfte anderer Personen dient der Erfüllung der sich aus § 85 AO ergebenden Pflichten der Finanzbehörden. Die Finanzbehörden haben nach dieser Vorschrift die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden. Diese Besteuerungsgrundsätze dienen nicht nur dem fiskalischen Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens. Ihnen kommt vielmehr im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) verfassungsrechtliche Bedeutung zu (Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.I.1., II.2.c; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BStBl II 2013, 317, Rz 61; BFH-Urteil vom 18. Januar 2012 II R 49/10, BFHE 235, 151, BStBl II 2012, 168, Rz 47). Die steuerliche Belastungsgleichheit, die durch Art. 3 Abs. 1 GG auch grundrechtlich gewährleistet wird, ist ein Allgemeingut von herausgehobener Bedeutung (BVerfG-Beschluss vom 13. Juni 2007  1 BvR 1550/03 u.a., BVerfGE 118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.3.d bb). Bei der grundlegenden und einschneidenden Bedeutung der Besteuerung für den Staat, die Volkswirtschaft, die Einzelwirtschaften und für jeden Bürger ist es ein wesentliches Gebot der Gerechtigkeit, dass der Staat die gesetzlich vorgesehene Besteuerung auch gegenüber jedermann gleichmäßig durchzusetzen versucht und dadurch Ungleichbehandlungen und Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten Einzelner möglichst verhindert. Diese Aufgabe hat u.a. die Steuerfahndung wahrzunehmen (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359, unter II.2.b aa). Der Gesetzgeber ist demgemäß von Verfassungs wegen verpflichtet, zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit des materiellen Steuergesetzes dieses in ein normatives Umfeld einzubetten, das die tatsächliche Lastengleichheit der Steuerpflichtigen gewährleistet, insbesondere auch durch die Ergänzung des Deklarationsprinzips durch das Verifikationsprinzip (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.I.2.; BVerfG-Beschluss vom 9. März 2004  2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1.). Der --auch strafrechtlich sanktionierte (§ 370 AO)-- Steueranspruch des Staates begründet sich aus dem Umstand, dass der Betroffene am staatlichen Leben teilnimmt, ihm insbesondere Schutz, Ordnung und Leistungen der staatlichen Gemeinschaft zugutekommen. Ihm darf daher ein Anteil an den finanziellen Lasten zur Aufrechterhaltung des staatlichen Lebens auferlegt werden. Die Bemessung dieses Lastenanteils nach Maßstäben verhältnismäßiger Gleichheit erfordert die Angabe von Daten, die eine solche Gleichheit der Besteuerung ermöglichen. Das überwiegende Allgemeininteresse an der Offenlegung steuerlich erheblicher Angaben rechtfertigt daher Eingriffe in den durch Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG verbürgten grundrechtlichen Datenschutz, und zwar insbesondere, wenn es um Vorgänge des marktoffenbaren Erwerbs ohne besonderen persönlichkeitsgeprägten Gehalt geht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.II.2.c). Die im Steuerrecht verankerten Auskunfts- und Anzeigepflichten sowie die Ermächtigung zur Ausschreibung von Kontrollmitteilungen (§§ 93 Abs. 1, 194 Abs. 3, 208 Abs. 1 AO) genügen den Anforderungen des grundrechtlich verbürgten Datenschutzes. Sie sind gesetzlich hinreichend bestimmt und entsprechen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.II.2.c). Die Auskunftspflicht anderer Personen nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO ist wie die prozessuale Zeugenpflicht eine allgemeine Staatsbürgerpflicht und ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie ist Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und verstößt insbesondere nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sind im überwiegenden Allgemeininteresse hinzunehmen, sofern diese Beschränkung auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, aus der sich ihre Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben, und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Eine solche Regelung enthält § 93 Abs. 1 Satz 1 AO, der mit ausreichender Deutlichkeit besagt, dass Dritte unter den dort genannten Voraussetzungen zur Erteilung von Auskünften an die Finanzbehörde verpflichtet sind (BFH-Urteil vom 22. Februar 2000 VII R 73/98, BFHE 191, 211, BStBl II 2000, 366). ... Dabei bildet die gesetzliche Ausgestaltung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 AO und § 355 des Strafgesetzbuchs grundsätzlich das den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Gegenstück zu den Offenbarungspflichten im Besteuerungsverfahren (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C.II.2.c; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1.). Die Finanzbehörde darf allerdings eine Auskunft von Personen, die nicht am Besteuerungsverfahren beteiligt sind, nur verlangen, wenn sie zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist (BFH-Urteil in BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359, unter II.4.). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit der Auskunftserteilung ist der hohe Stellenwert des Interesses der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen zu berücksichtigen (vgl. oben II.1.a bb und cc).. Die Auskünfte nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO sind gemäß § 93 Abs. 3 Satz 1 AO wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben gemäß § 93 Abs. 3 Satz 2 AO Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen. Diese Unterlagen brauchen nicht in Papierform verkörpert zu sein. Die Vorschrift gilt vielmehr auch für elektronisch gespeicherte Daten. Insoweit gilt für die von § 93 Abs. 3 Satz 2 AO verwendeten Begriffe nichts anderes wie für die damit übereinstimmenden Begriffe in § 97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AO (vgl. dazu Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 97 AO Rz 5; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 97 AO Rz 2; Roser in Beermann/Gosch, AO § 97 Rz 7; Pahlke/Koenig/Wünsch, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 97 Rz 3; Klein/Rätke, AO, 11. Aufl., § 97 Rz 8)..." cpm - Steuerberater Claas-Peter Müller, Hamburg

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