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Hinweis: Der Beitrag kann aufgrund neuerer Rechtsprechung oder Gesetztesänderung nicht mehr dem aktuellen Rechtsstand entsprechen.
12 Minuten Lesezeit (2329 Worte)

BFH, 15.05.2018, X R 28/15

  • Urteile

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 15.05.2018, X R 28/15




Anwendung der 1 %-Regelung in Fällen, in denen die hiernach ermittelte Nutzungsentnahme 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz übersteigt




Leitsätze




Auch wenn die Anwendung der 1 %-Regelung seit 2006 voraussetzt, dass das Kfz zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, die nach der 1 %-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme auf 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen.




Tenor




Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg, vom 9. Dezember 2014  6 K 2338/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.




Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.




Tatbestand




I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt aus der Vermittlung von Immobilien Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Seinen Gewinn ermittelt er durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung --EStG--).
Im Betriebsvermögen hielt der Kläger im Streitjahr 2009 einen im Jahr 2006 gebraucht erworbenen PKW vom Typ BMW 530d (Listenpreis einschließlich Umsatzsteuer 64.000 EUR), den er auch privat nutzte. Die Gesamtkosten des PKW im Streitjahr ermittelte der Kläger mit 10.998,40 EUR. Ca. 50 % dieser Kosten (5.498,59 EUR) setzte er für die private Nutzung des PKW an. Ein Fahrtenbuch führte er nicht.
Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung berechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Wert für diese Nutzungsentnahme nach der 1 %-Regelung mit 7.680 EUR (1 % x 64.000 EUR x 12 Monate). 80 % dieser Nutzungsentnahme unterwarf das FA der Umsatzbesteuerung und sah die Umsatzsteuer als nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar an. Insgesamt erhöhte das FA deshalb den Gewinn um 2.444,18 EUR (2.181,41 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 262,77 EUR).
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verfolgten die Kläger im Klageverfahren ihr Begehren weiter, den Wert der Nutzungsentnahme auf maximal 50 % der Gesamtkosten im Streitjahr zu begrenzen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die private Nutzung sei zwingend nach der 1 %-Regelung zu ermitteln, wenn ein Fahrtenbuch wie vorliegend nicht geführt werde. Eine gesetzliche Grundlage, die Entnahmen für die private Nutzung auf 50 % der tatsächlich entstandenen Kosten zu begrenzen, bestehe nicht. Verfassungsrechtliche oder logische Bedenken gegen die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG vorgenommene Typisierung gebe es nicht. Insbesondere habe der Gesetzgeber den ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Soweit Steuerpflichtige dieser Typisierung entgehen wollten, hätten sie die Möglichkeit, den tatsächlichen Sachverhalt durch die Vorlage eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs nachzuweisen. Zu einer Änderung dieser Betrachtungsweise könne auch der mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2005 beginnen, neugefasste § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nicht führen.
Die Kläger machen im Rahmen ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend.
Zwar sei der Gesetzgeber frei festzulegen, wann die 1 %-Regelung gelten solle. Jedoch müsse die Folgerichtigkeit gewährleistet werden. Diese sei bei Gebrauchtwagen schon aufgrund der ursprünglichen Annahmen des Gesetzgebers bei Einführung der 1 %-Regelung nicht gegeben. Auch dürfe die 1 %-Regelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nach der Gesetzesänderung ab 2006 nur angewendet werden, wenn ein Kfz zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werde. Insoweit habe der Kläger unstreitig den Nachweis erbracht. Folglich stehe fest, dass in seinem Fall die Kosten mindestens zu 50 % betrieblich veranlasst seien. Damit könnten auch nur höchstens 50 % der Kosten privat veranlasst sein. Eine Nutzungsentnahme von mehr als 50 % verletze deshalb das Übermaßgebot und sei außerdem unlogisch. Es liege eine Gesetzeslücke vor, die durch eine verfassungskonforme Auslegung zu schließen sei. Ein Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers bestehe ebenso wenig wie die Möglichkeit, den Kläger auf das Führen eines Fahrtenbuchs zu verweisen. Letzteres sei aufgrund des extremen Zusatzaufwandes unzumutbar.
Die Kläger beantragen, das FG-Urteil aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um 2.444 EUR vermindert werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Vorschrift sei folgerichtig und im Streitfall ohne Rechtsverstoß angewandt worden.



Entscheidungsgründe




II.
Die Revision der Kläger wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die private Nutzungsentnahme des vom Kläger betrieblich und privat genutzten Kfz ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu ermitteln (unter 1.). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (unter 2.). Eine Begrenzung der so berechneten Nutzungsentnahme auf 50 % der im (jeweiligen) Streitjahr angefallenen Gesamtaufwendungen ist ebenfalls verfassungsrechtlich nicht geboten (unter 3.).
1. Die Ermittlung der privaten Nutzungsentnahme für den vom Kläger betrieblich genutzten PKW nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entspricht, was zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, den Vorgaben des Gesetzes.
a) Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Nach der Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist für die private Nutzung eines zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz pro Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Die 1 %-Regelung ist insoweit eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung (ständige Rechtsprechung, Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472; vom 7. November 2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116; vom 9. November 2017 III R 20/16, BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278, jeweils m.w.N.). Deshalb bleiben individuelle Besonderheiten hinsichtlich der Art und der Nutzung des Kfz grundsätzlich ebenso unberücksichtigt wie nachträgliche Änderungen des Fahrzeugwertes. Dementsprechend ist im Rahmen der Anwendung der 1 %-Regelung der inländische Listenpreis auch dann Bemessungsgrundlage, wenn das Fahrzeug gebraucht angeschafft (vgl. BFH-Urteil vom 1. März 2001 IV R 27/00, BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403; BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2007 XI B 178/06, BFH/NV 2008, 562, m.w.N.) oder ein Großteil der Anschaffungskosten des Fahrzeugs bereits als Betriebsausgaben (Absetzungen für Abnutzung --AfA--) geltend gemacht worden sind (BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273).
b) Liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nicht vor, namentlich, wenn das Kfz zu nicht mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, ist die Nutzungsentnahme nach den allgemeinen Regeln mit dem darauf entfallenden Aufwand zu bewerten, der ggf. zu schätzen ist. Der auf die Privatfahrten entfallende Aufwand kann bei einem zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz angesetzt werden, wenn die Voraussetzungen der Fahrtenbuchmethode (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG) erfüllt sind (BFH-Urteil in BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278, Rz 14, m.w.N.).
c) Da der Kläger im Streitfall unstreitig das Kfz zu mehr als 50 % betrieblich genutzt und kein Fahrtenbuch geführt hat, ist das FA zutreffend von der 1 %-Regelung ausgegangen.
2. Die 1 %-Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
a) Verfassungsrechtliche Maßstäbe sind in erster Linie die Gebote der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit.
aa) Im Bereich des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts, wird die Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es als rechtlich gleich qualifiziert, durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt. Letzteres besagt, dass bei der Ausgestaltung der Steuerlast am Prinzip des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig i.S. der Belastungsgleichheit umgesetzt werden muss (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, unter C.I.2.a). Als Ausnahme hiervon hat das BVerfG u.a. die Typisierungs- und Vereinfachungsbefugnis des Gesetzgebers anerkannt. Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern, dabei aber von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 268, unter C.I.2.b).
bb) Diese Typisierung dient der Praktikabilität und der Steuervereinfachung. Der Gesetzgeber verfügt hierbei über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Dabei ist er insbesondere nicht gehalten, allen Besonderheiten des Einzelfalls durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (BVerfG-Beschluss vom 10. April 1997  2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1). Allerdings darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 268; ständige Rechtsprechung). Er hat im Rahmen der von ihm gewählten Typisierung eine Regelung zu treffen, die Vor- und Nachteile in ein ausgewogenes Verhältnis bringt. Dabei sind im Rahmen dieses Gestaltungspielraums steuerrechtliche Regelungen nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes so auszugestalten, dass die Gleichheit im Belastungserfolg für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Um der materiellen Gleichheit willen darf der Gesetzgeber einen steuererheblichen Vorgang im typischen Lebensvorgang erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 96, 1, unter B.I.1.).
b) Nach diesen Maßstäben ist die 1 %-Regelung verfassungsrechtlich nach der Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Er folgt damit der übereinstimmenden Rechtsprechung der Ertragsteuersenate des BFH (BFH-Urteile in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.3.; vom 18. September 2012 VIII R 28/10, BFHE 239, 233, BStBl II 2013, 120, unter II.2.a, sowie vom 13. Dezember 2012 VI R 51/11, BFHE 240, 69, BStBl II 2013, 385, unter II.b).
aa) Die Anknüpfung der 1 %-Regelung an den Listenpreis stellt eine typisierend-pauschalierende Regelung dar, die sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bewegt. Es handelt sich um einen sachgerechten Maßstab. Der Ansatz des Gesetzgebers in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, die Bewertung der privaten Nutzungsentnahme anhand der 1 %-Regelung ausgehend vom Listenpreis vorzunehmen, entspricht dem Erfordernis, die Entnahmen des Steuerpflichtigen für die private Lebensführung nach dem Nutzungsvorteil zu bemessen, der dem Steuerpflichtigen zukommt (vgl. insoweit nur BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.4.b cc). Soweit die 1 %-Regelung zum Tragen kommt, will (gerade) der Bezug zum inländischen Listenpreis sicherstellen, dass alle Vorteile, die mit dem Zurverfügungstellen des Fahrzeugs für den Steuerpflichtigen verbunden sind, umfasst werden (folglich auch Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur- und Wartungskosten, Treibstoffkosten). Die so vom Gesetzgeber zu Grunde gelegte Bemessungsgrundlage des Bruttolistenpreises bezweckt also nicht die tatsächlichen Neuanschaffungskosten des Fahrzeugs und erst recht nicht dessen gegenwärtigen Wert im Zeitpunkt der Überlassung möglichst realitätsgerecht abzubilden (so schon BFH-Urteil in BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278, Rz 15). Sie will vielmehr an den tatsächlichen geldwerten Vorteil anknüpfen. Dabei handelt es sich um den Betrag, der vom Steuerpflichtigen für eine vergleichbare Nutzung aufgewandt werden müsste und den er durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs erspart (so schon BFH-Urteil in BFHE 240, 69, BStBl II 2013, 385, Rz 17). Grundlage der Bewertung des Nutzungsvorteils sind statistische Erhebungen, in welche die durchschnittlichen Gesamtkosten aller auch privat genutzten betrieblichen Fahrzeuge eingegangen sind (BFH-Urteil vom 15. Mai 2002 VI R 132/00, BFHE 199, 230, BStBl II 2003, 311, unter II.2.a). Der Senat teilt deshalb nicht die von den Klägern vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der 1 %-Regelung, soweit sie sich gegen die Höhe des Listenpreises als Anknüpfungsmaßstab der Besteuerung richten.
bb) Die Bewertung des Nutzungsvorteils mittels der 1 %-Regelung ist mit dem Ansatz in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises je Monat eine grob typisierende Regelung, da sie stark divergierende Sachverhalte zusammenfasst. Hierzu zählen die Nutzung neuer oder gebrauchter bzw. teurer oder preiswerter Kfz, der unterschiedliche Umfang der betrieblichen bzw. privaten Nutzung, die unterschiedliche Nutzungsdauer von betrieblichen Kfz, die divergierenden Möglichkeiten der AfA und die unterschiedliche Höhe von Umsatzsteuersätzen (vgl. für die Zeit vor der Gesetzesänderung auch: BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.4.b aa). Dennoch überschreitet die Typisierung nicht die Grenzen des Zulässigen. Zum einen betrifft sie einen Bereich, in dem wegen der äußerst engen Verknüpfung zwischen privater und betrieblicher Sphäre einzelfallbezogene Ermittlungen der Finanzverwaltung nahezu ausgeschlossen sind. Zum anderen ist die 1 %-Regelung nicht als zwingende und unwiderlegbare Typisierung konzipiert. Jeder Steuerpflichtige kann der Anwendung der typisierenden Regelung durch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts mittels eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs (vgl. insoweit z.B. BFH-Urteil vom 15. Februar 2017 VI R 50/15, BFH/NV 2017, 1155, Rz 15, m.w.N.) entgehen (so schon BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.4.a, m.w.N.). Insbesondere (auch) im Hinblick hierauf ("Escape-Klausel") folgt der Senat der bisherigen Rechtsprechung des BFH, die die Typisierungsregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als verfassungsrechtlich unbedenklich beurteilt (BFH-Urteil in BFHE 240, 69, BStBl II 2013, 385, unter II.c, m.w.N.).
cc) Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, ein solches Fahrtenbuch könne nicht mit vertretbarem Aufwand ordnungsgemäß geführt werden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn der mit der Führung eines Fahrtenbuchs verbundene Aufwand kann ebenso wenig als unzumutbar angesehen werden wie die sonstigen Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung seiner Einkünfte (vgl. z.B. §§ 140 ff. der Abgabenordnung; vgl. auch zur Verfassungsmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage nach § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung BVerfG-Beschluss vom 7. Dezember 1981  2 BvR 1172/81, Neue Juristische Wochenschrift 1982, 568). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob bereits leichte Fehler oder Ungenauigkeiten bei den Eintragungen in das Fahrtenbuch dessen steuerlicher Anerkennung insgesamt entgegenstünden oder ob dies unverhältnismäßig wäre und deshalb nicht zur Anwendung der typisierenden Gesetzesvorschriften führen dürfte.
3. Ebenso wenig ist die Höhe der Nutzungsentnahme aus verfassungsrechtlichen Gründen auf 50 % der Gesamtkosten zu begrenzen.
a) Eine Begrenzung des Betrags der Nutzungsentnahme auf die Gesamtkosten (100 %) war bereits vor 2006 verfassungsrechtlich nicht geboten.
Der Steuerpflichtige hatte seit jeher die Möglichkeit, ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu führen und hiermit den tatsächlichen Sachverhalt nachzuweisen. Dies verhindert eine Übermaßbesteuerung des Steuerpflichtigen. Eine teleologische Reduzierung des Wortlautes durch Deckelung der Nutzungsentnahme auf die Gesamtkosten war deshalb nicht geboten. Das gilt unabhängig davon, dass die Finanzverwaltung im Wege der Billigkeit eine Deckelung auf 100 % der Gesamtkosten vornimmt.
Die Rechtsprechung hat Bedenken in Bezug auf eine Übermaßbesteuerung in den Fällen, in denen die zu versteuernde Nutzungsentnahme die Gesamtaufwendungen übersteigt, zwar einerseits unter Hinweis auf die sog. Deckelungsregelung (aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 12. Mai 1997 IV B 2 -S 2177- 29/97, BStBl I 1997, 562, Rz 13, ersetzt durch das BMF-Schreiben vom 21. Januar 2002 IV A 6 -S 2177- 1/02, BStBl I 2002, 148, Rz 14, ersetzt durch das BMF-Schreiben vom 18. November 2009 IV C 6 -S 2177/07/10004, BStBl I 2009, 1326, Rz 18), andererseits aber auch wegen der Möglichkeit des Nachweises des tatsächlichen Sachverhalts zurückgewiesen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. März 2007 XI R 59/04, BFH/NV 2007, 1838, unter II.3.c, m.w.N.). Der Senat erachtet den zuletzt genannten Aspekt auch für sich allein genommen als ausreichend.
Es war gerade Ziel und Zweck der 1 %-Regelung, anders als sonst bei der Besteuerung der privaten Nutzungsentnahmen, nicht an den Aufwand des Steuerpflichtigen, sondern an seinen Vorteil anzuknüpfen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen von der Regelbewertung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG abweichenden Maßstab bestehen nicht. Privat genutzte PKW im Betriebsvermögen spielen im Wirtschaftsleben eine Sonderrolle. Knüpft aber die gesetzliche Regelung ausdrücklich und verfassungsrechtlich zulässig an Werte an, die gerade nicht dem Aufwand entsprechen, so ist es auch folgerichtig, keine aufwandsbezogene Begrenzung vorzunehmen.
b) Diese Aspekte schließen in gleicher Weise Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der seit 2006 geltenden Besteuerung aus.
4. Gegen die Berechnung der Höhe der pauschalen Nutzungsentnahme durch das FA bestehen keine Bedenken.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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