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Hinweis: Der Beitrag kann aufgrund neuerer Rechtsprechung oder Gesetztesänderung nicht mehr dem aktuellen Rechtsstand entsprechen.
8 Minuten Lesezeit (1598 Worte)

BFH, 22.1.2013, IX R 19/11

Vorübergehender Leerstand von zur Untervermietung bereit gehaltener Räume in der Wohnung des Steuerpflichtigen Leerstandszeiten im Rahmen der Untervermietung einzelner Räume innerhalb der eigenen Wohnung des Steuerpflichtigen sind nicht der Eigennutzung, sondern der Vermietungstätigkeit zuzurechnen, wenn ein solcher Raum --als Objekt der Vermietungstätigkeit-- nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht und feststeht, dass das vorübergehend leer stehende Objekt weiterhin für eine Neuvermietung bereit gehalten wird. BStBl 2013 Teil II Seite 376 Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2010, 5 K 5235/07 (DStRE 2012, 157)

Hintergrund 1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren (2001 und 2002) Eigentümer einer sechs Wohnräume mit einer Gesamtfläche von 187,7 qm umfassenden Wohnung. Der Kläger nutzte in den Streitjahren zwei Zimmer (Zimmer Nr. 1 und Nr. 6) mit einer Gesamtwohnfläche von 54,7 qm selbst; die weiteren vier Zimmer (Zimmer Nr. 2 bis Nr. 5) mit einer Gesamtwohnfläche von 82,2 qm vermietete der Kläger --teilweise mit kurzen Unterbrechungen-- an verschiedene Untermieter. Die Gemeinschaftseinrichtungen der Wohnung (Flur, Küche, Bad) mit einer Gesamtwohnfläche von 50,8 qm wurden von sämtlichen Bewohnern gemeinsam genutzt.

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In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger die auf die Wohnung entfallenden Gesamtkosten anteilig als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus der Untervermietung der Zimmer Nr. 2 bis 5 geltend. Dabei rechnete er die auf die zur Vermietung bereitstehenden Zimmer entfallenden Aufwendungen auch für jene Zeiträume den Vermietungseinkünften zu, in denen diese Zimmer --vorübergehend-- nicht vermietet gewesen waren. Die auf die Gemeinschaftsflächen entfallenden Gesamtkosten teilte der Kläger "nach Köpfen" auf; dabei ging er davon aus, dass die Wohnung grundsätzlich von ihm selbst sowie von vier weiteren Personen bewohnt werde. Im Ergebnis ermittelte der Kläger einen bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigenden Werbungskostenanteil an den Gesamtkosten in Höhe von 63,45 % für 2001 sowie in Höhe von 64,6 % für 2002.

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte demgegenüber in den (geänderten) Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre lediglich 40,91 % der Gesamtkosten als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung.

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Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging in seinem im Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2012, 157 veröffentlichten Urteil aufgrund der vom Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen davon aus, dass das Zimmer Nr. 5 im Streitjahr 2001 und die Zimmer Nr. 3 und 4 im Streitjahr 2002 nicht durchgängig vermietet gewesen waren. Soweit einzelne Zimmer in den Streitjahren leer gestanden hätten, seien diese Leerstandszeiten nicht, wie der Kläger annehme, der Vermietung, sondern der Selbstnutzung durch den Kläger zuzurechnen. Aufgrund der unmittelbaren Einbindung der zur Vermietung bereitgehaltenen Zimmer in die private Wohnsphäre des Klägers fielen nichtvermietete Zimmer --trotz eines grundsätzlich vorhandenen Vermietungswillens des Klägers-- dem privaten Wohnbereich des Klägers zu. Demgegenüber seien die Aufwendungen, welche auf die gemeinsam genutzten Flächen entfielen, nicht, wie das FA annehme, entsprechend der Wohnfläche, sondern personenbezogen aufzuteilen, da die Privatnutzung der Gemeinschaftsflächen nicht im Zusammenhang mit der Größe der selbstgenutzten Wohnräume stehe. Demnach sei für das Streitjahr 2001 ein Werbungskostenanteil an den Gesamtaufwendungen in Höhe von 60,86 % und im Streitjahr 2002 ein Werbungskostenanteil an den Gesamtaufwendungen in Höhe von 52,07 % zu berücksichtigen.

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Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren nach Berücksichtigung eines höheren Werbungskostenanteils an den Gesamtaufwendungen weiter. Er vertritt insoweit die Auffassung, die Leerstandszeiten der --bereits seit 1994 untervermieteten-- Zimmer Nr. 2 bis 5 seien nicht der Selbstnutzung durch ihn, sondern der Vermietung zuzurechnen. Vorübergehend leerstehende Zimmer dienten nicht privaten Zwecken des Klägers, sondern würden für eine jederzeitige Neuvermietung bereitgehalten. Bis zu einer Neuvermietung stünden die freien Zimmer ggf. auch den anderen Untermietern zur Mitbenutzung zur Verfügung; der Kläger nutze frei gewordene Zimmer indes nicht selbst. Untermietverhältnisse dürften nicht anders behandelt werden als Hauptmietverhältnisse, in denen Leerstandszeiten bei vorangegangener, auf Dauer angelegter Vermietung stets der Vermietung zugerechnet würden. Eine anderweitige Rechtsauffassung sei auch nicht mit der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu vereinbaren. Zu Unrecht habe das FG auch angenommen, dass das Zimmer Nr. 3 im Zeitraum zwischen April und Dezember 2002 nicht vermietet gewesen sei; die Mieterin habe lediglich im Streitjahr fällige Mietzahlungen erst im Folgejahr geleistet.

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Der Kläger beantragt, das Urteil des FG vom 7. Dezember 2010 5 K 5235/07 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, zuletzt geändert am 8. Februar 2011, mit der Maßgabe zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung ein Werbungskostenanteil für 2001 in Höhe von 63,45 % der Gesamtkosten und für 2002 in Höhe von 64,6 % der Gesamtkosten steuermindernd berücksichtigt werden.

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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Urteilsbegründung 8

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die von dem Kläger geltend gemachten, auf die zur Vermietung bereitstehenden Zimmer Nr. 2 bis 5 entfallenden Aufwendungen für jene Zeiträume, in denen diese Zimmer vorübergehend nicht vermietet gewesen waren, zu Unrecht nicht als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

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1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat.

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Danach sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten als abziehbar angesehen, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12, BFHE 239, 453, BFH/NV 2013, 467). In vergleichbarer Weise ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei (in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten) ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen auszugehen; Leerstandszeiten sind auch insoweit nicht der Eigennutzung, sondern der Vermietungstätigkeit zuzurechnen (BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Demgegenüber ist bei zumindest teilweise selbstgenutzten Ferienwohnungen die Frage, ob der Steuerpflichtige mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet hat, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726). Die zur Vermietung von Ferienwohnungen entwickelten Maßstäbe hat der Senat grundsätzlich auch auf die Vermietung von Messezimmern oder Messewohnungen angewendet, bei denen regelmäßig und typischerweise von einem häufigen Wechsel an Gästen in Verbindung mit Leerstandszeiten auszugehen ist (BFH-Urteil vom 4. März 2008 IX R 11/07, BFH/NV 2008, 1462).

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2. Nach diesen Grundsätzen sind auch Leerstandszeiten im Rahmen der Untervermietung einzelner Räume innerhalb der eigenen Wohnung des Steuerpflichtigen jedenfalls dann nicht der Eigennutzung, sondern der Vermietungstätigkeit zuzurechnen, wenn ein solcher Raum nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht und --wie im Streitfall-- feststeht, dass der vorübergehend leer stehende Raum weiterhin für eine Neuvermietung bereit gehalten wird. Weder die fehlende räumliche Trennung zum Wohnbereich des Steuerpflichtigen noch die fehlende Abgeschlossenheit der zur Vermietung vorgesehenen Räume noch die --theoretische-- jederzeitige Selbstnutzungsmöglichkeit steht in diesen Fällen der Annahme einer Einkünfteerzielungsabsicht entgegen; denn Objekt der Vermietung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nicht zwingend eine (abgeschlossene) Wohnung; es kann sich auch um einen bestimmten Teil eines Grundstücks oder Gebäudes, einzelne (auch möblierte) Zimmer oder Räumlichkeiten handeln (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1462, m.w.N.).

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3. Diesen Maßstäben entspricht die Vorentscheidung nicht; sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif; der Klage ist stattzugeben. Denn nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindenden Feststellungen des FG waren die maßgeblichen, bereits seit 1994 der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Zimmer Nr. 2 bis 5 in den Streitjahren entweder durchgängig vermietet oder sie wurden für eine erneute Vermietung --welche in allen Fällen zeitnah erfolgte-- bereit gehalten. Daher sind die vom FG angenommenen Leerstandszeiten nicht der Eigennutzung durch den Kläger, sondern dessen Vermietungstätigkeit zuzurechnen; die auf die zur Vermietung bereit gehaltenen Räume entfallenden anteiligen Aufwendungen des Klägers stellen Werbungskosten bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Vor diesem Hintergrund muss auch nicht weiter geklärt werden, ob das Zimmer Nr. 3 --wie der Kläger behauptet-- im Zeitraum zwischen April und Dezember 2002 vermietet gewesen ist und lediglich die fälligen Mietzahlungen ausgeblieben sind oder --wovon das FG ausgegangen ist-- insoweit kein Mietverhältnis bestanden hat, das Objekt aber zur Vermietung bereit gehalten wurde; denn in beiden Fällen handelt es sich bei dem anteilig auf das Zimmer entfallenden Aufwand des Klägers um Werbungskosten.

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Die Höhe der Gesamtaufwendungen ist zwischen den Beteiligten ebenso wenig strittig wie die auf die vermieteten Räume entfallenden Wohnflächen. Die Aufwendungen für Gemeinschaftsräume, die sowohl der eigenen Wohnnutzung des Steuerpflichtigen wie auch der (entgeltlichen) Nutzung durch die Mieter dienten, hat das FG zutreffend nach der Zahl der der Haushaltsgemeinschaft zugehörigen Personen aufgeteilt (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 49/08, BFHE 226, 213, BStBl II 2010, 122).

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