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CPM Steuerberater News

Hinweis: Der Beitrag kann aufgrund neuerer Rechtsprechung oder Gesetztesänderung nicht mehr dem aktuellen Rechtsstand entsprechen.
3 Minuten Lesezeit (673 Worte)

BFH, 08.09.2016, III R 62/11

  • Urteile
Heute möchte ich eine Problematik ansprechen, die an sich eine gewisse Ungerechtigkeit darstellt. Rein steuerrechtlich gesehen, jedoch völlig korrekt erscheint und auch ist  - jedoch meiner Meinung nach nicht bleiben darf.

In früheren Artikeln habe ich bereits mehrfach über Aufwendungen berichtete, die aufgrund ihres Bezuges zu Einkünften, Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben darstellen. Und dabei habe ich auch dargelegt, dass eine Berücksichtigung nur möglich ist, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Ich habe gerade einen Fall zu bearbeiten, der kurz umrissen folgenden Sachverhalt beinhaltet:

Eine Rentnerin hat Renteneinkünfte. Sie arbeitet dazu noch ehrenamtlich in einem Förderverein. Dieser Verein hilft nicht oder schlecht deutsch sprechenden Menschen, die deutsche Sprache zu erlernen. Ebenfalls ist es Aufgabe des Vereins, Schülern Nachhilfestunden in den verschiedensten Bereichen zu geben. Weiterhin fördert er die Integration ausländischer Bürger durch die Unterstützung bei Behördengängen usw.

Die Rentnerin arbeitet wie beschrieben ehrenamtlich und erhält auch keine Auslagenerstattung. Für ihre Tätigkeit ist es jedoch notwendig, dass sie sich selbst auch weiterbildet, Computerkurse nimmt (Excel...) sich Bücher kauft, um sich über spezielle Kulturen zu informieren oder Bücher kauft, um sie als Lehrmittel benutzen zu können, selbst Sprachunterricht nimmt, um sich besser einzubringen (türkisch, spanisch...). Das alles macht sie gern. Die Aufwendungen entstehen, weil sie ihr Ehrenamt richtig und gut ausfüllen möchte.

Jetzt das steuerliche Dilemma.
Werbungskosten sind Aufwendungen, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen dienen. Diese Kosten sind zur Berechnung der Einkünfte von den Einnahmen abzuziehen. So lautet die Definition.
Was geschieht aber jetzt mit den Ausgaben, wenn keine Einkünfte vorhanden sind und auch keine erzielt werden sollen?
Es liegt keine "Gewinn- bzw. Überschusserzielungsabsicht" vor. Das heißt, dass diese Kosten steuerlich gesehen, keinen Einkünften zugeordnert werden können und somit nicht zu berücksichtigen sind, da sie offenbar dem privaten Bereich zuzuordnen sind. Lezteres ist ja aber im speziellen Fall nicht der Fall!

Das heißt also: die Gesellschaft und der Gesetzgeber möchten, dass sich Menschen, wie meine Mandantin ehrenamtlich engagieren, die entstehenden Aufwendungen aber privat getragen werden müssen und jedes weitere Einkommen voll zu versteuern ist.

Das klingt nicht gerecht. Denn es gibt im Steuerrecht das Leistungsfähigkeitsprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist ein Fundamentalprinzip in der Besteuerung und als solches ein Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht. Es besagt allgemein, dass jeder Bürgen nach Maßgabe seiner individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung staatlicher Leistungen herangezogen werden soll. Heißt letztendlich, wer weniger verdient/hat, zahlt weniger Steuern und umgekehrt.

Dieses Leistungsfähigkeitsprinzip greift in meinem Fall nicht so recht durch. Meine Mandantin hat zwangsläufig mehr Ausgaben, darf diese Mehrausgaben aber nicht berücksichtigen.
Und das nicht, weil der Gesetzgeber diese bestimmten Ausgaben von der Abzugsfähigkeit ausschließt, wie z.B. Lebensmittel und Hygieneartikel für den privaten Gebrauch; § 12 EStG.
"Wenn ich verhungere, kann ich nicht arbeiten gehen und kann kein Geld verdienen!" Dieses Argument zieht ja bekanntlich nicht.
Sondern diese Ausgaben werden nicht berücksichtigt, weil der angesprochene Sachverhalt als solcher steuerlich noch nicht abgebildet wurde. Der Gesetzgeber geht bislang davon aus, dass Aufwendungen auch ersetzt werden.

Kleiner Hintergrund: Entsprechend der Wortbedeutung wird die ehrenamtliche Tätigkeit "der Ehre halber" ausgeübt und nicht einer materiellen Entschädigung wegen. Eine Aufwandsentschädigung, die mit den ehrenamtlichen Aufgaben verbunden ist, stellt eine Entschädigung für die entstandene Aufwendungen und kein Einkommen dar.
Die Einnahmen sind nur steuerpflichtig, wenn sie über den Ersatz von entstandenen Kosten hinausgehen. Zeitkosten und Mühe zählen grundsätzlich nicht zu den anrechenbaren Kosten. Kosten sind nur Sachkosten. Übersteigen Aufwandsentschädigungen die entstandenen Aufwendungen, sind sie im Umfang ihres Nettobetrages, d.h. nach Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben gemäß § 24 EStG steuerpflichtig.

Ich sehe mehrere Möglichkeiten:

1. Es wird ein Tatbestand für die Abziehbarkeit solcher Aufwendungen aus einem Ehrenamt geschaffen. Ähnlich der Sonderausgaben, außergewöhnlicher Belastungen, haushaltnaher Aufwendungen. Da wird der Gesetzgeber nacharbeiten müssen.

2. Die Erhöhung der Bildung und die Verbesserung der Integration der Bevölkerung erhöht auch die Wahrscheinlichkeit höherer Einkommen. Diese höheren Einkommen führen zu steigenden Einnahmen in der Deutschen Rentenversicherung Bund. Diese Einnahmen sichern die Rentenzahlungen an die Rentner. Somit stellen diese Ausgaben Werbungskosten für die Renteneinkünfte dar.

3. Darüber grübel ich noch.

Ich versuche mein Bestes - für mehr Steuergerechtigkeit!

Ich halte Sie auf dem Laufenden. Vielleicht stoßen wir sogar eine Gesetzesänderung an.

cpm - Steuerberater Claas-Peter Müller, Hamburg

 
 
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